LOKI 44 CIRCULAR Shaping The Unknown

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CIRCULAR
Shaping The Unknown CD

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LOKI 44

The debut album from 2006.

Tracklist 1. The Triangular Center 2. Ellipses In-Between Sculptures 3. Spawn Of The Winds 4. Swirling Around The Cuboid 5. Eclipse Unveiled     6. Volcanic & Fervent 7. Ruminant Measure 8. Draft

REVIEW (Nonpop):
Die Erzgebirgler der LOKI FOUNDATION können mittlerweile auf eine interessante, gut fünfzehnjährige Geschichte zurückblicken. In den ersten Jahren war man durchaus so etwas wie ein „reines Industrial Culture“-Label. Mittlerweile hat man sich jedoch zu einer im Ambient-Genre als erstklassig geltenden internationalen Adresse mit einer sehr distinguierten Labelidentität gemausert. Ja, abgesehen von den GALAKTHORRÖ-Kollegen dürfte es im gesamten zeitgenössischen Postindustrial-Bereich kein Label geben, dessen Klangästhetik so klare, unverwechselbare eigene Linien verfolgt.
Obwohl jedes LOKI-Projekt natürlich anders klingt, fällt dennoch auf, dass sich das Label insgesamt in den letzten Jahren stärker an alten deutschen Krautrock-Fäden orientiert. Selbstverständlich ist hier nicht ein LSD-geschwängerter Hippie-Rock gemeint, sondern das, was man „Kosmische Musik“ nennt und untrennbar mit solchen Namen wie TANGERINE DREAM und ASH RA TEMPEL bzw. KLAUS SCHULZE verbunden ist. In dieser Hinsicht sind im LOKI-Kosmos bisher FIR§T LAW und COMBATIVE ALIGNMENT führend gewesen (während z.B. INADE und HERBST 9 noch etwas mehr in der Industrial-Ästhetik verwurzelt sind), doch seit einigen Wochen gesellt sich ein weiteres „kosmisches“ Projekt hinzu: CIRCULAR. Dahinter verbirgt sich ein gewisser JOHANNES RIEDEL, der scheinbar bisher noch gar nicht in Erscheinung getreten ist. „Scheinbar“, weil es doch verwunderlich ist, dass „Shaping The Unknown“ eine Debütveröffentlichung sein soll, auch wenn die Kompositionen laut Digipack-Aufdruck zwischen 2000 und 2006 entstanden sind. Unweigerlich fragt man sich, wo sich denn der Herr RIEDEL bisher versteckt hat, verbirgt sich gar ein alter Bekannter dahinter? Lassen wir das Spekulieren, deutlich werden soll nur, CIRCULAR klingt nicht wie ein Anfängerprojekt.
Einmal mehr haben wir es also mit hochwertigem LOKI-Ambient zu tun, der stark an KLAUS SCHULZE zu „Timewind“-Zeiten (1975) erinnert, dabei aber nicht als reines Revival daherkommt, sondern insgesamt noch etwas dunkler und aufwühlender wirkt. Innerhalb der LOKI-Familie ist wohl auch der FIR§T LAW-Vergleich unvermeidlich, nicht nur weil „Shaping The Unknown“ von ANDREAS WAHNMANN (FIR§T LAW) gemastert wurde. Die letzten FIR§T LAW-Alben zeichneten sich dadurch aus, dass verstärkt auf klassische Rockmusikstrukturen zurückgegriffen wurde. Sei es, dass sich zum kosmischen Ambient-Wah-Wah eine gezupfte Gitarre dazugesellte, sei es, dass die elektronischen Beats ein Schlagzeug imitierten. Bei CIRCULAR fehlen diese Elemente, „Shaping The Unknown“ ist tatsächlich ein reines Ambient-Werk, ohne Stimme wie noch bei INADE, ohne Spukschloss-Atmosphäre wie noch bei LETUM, ohne die beliebten „RAISON D’ETRE-Mönchsgesänge“ und schlußendlich ohne Gitarren und mit nur wenigen Beats. Man könnte also tatsächlich sagen, wenn FIR§T LAW die TANGERINE DREAM und COMBATIVE ALIGNMENT die YATHA SIDHRA der LOKIs sind, dann ist JOHANNES RIEDEL ihr KLAUS SCHULZE. Passend zu diesen, auch dem Vorbild nicht unbekannten leicht Science-Fiction-artigen Anleihen, das futuristische Gebilde auf dem Cover.
Was CIRCULAR von den LOKI-Kollegen vor allem unterscheidet, ist wohl der häufige Einsatz kleiner Surround-Effekt-Spielereien. Diese lassen sich dann in Beziehung zum Albumtitel setzen: „Shaping The Unknown“, „das Unbekannte formen“, der CIRCULAR-Ambient eignet sich hervorragend zu raumgeometrischen Phantasie-Reisen (gar Eurythmie), wenn auch eher in der Schwerelosigkeit und im Astronautenanzug und auch nicht so explizit wie bei PAUL PANHUYSEN  (kleiner Tipp).
Wer mit den genannten Referenzen etwas anfangen kann, wer bei FIR§T LAW das Kosmische, bei INADE das Aufwühlende und bei RAISON D’ETRE die verlorenen Klangwelten schätzt, wird an CIRCULAR unter keinen Umständen vorbei kommen. Ein hochwertiges Ambient-Album, wie es so nur die LOKI FOUNDATION veröffentlichen kann.
Bleibt die Beantwortung der Gretchenfrage: Braucht man das Album über den Moment der ersten Rezensionseuphorie hinaus? Werden sich CIRCULAR für den „privaten Gebrauch“ qualifizieren oder wird „Shaping The Unknown“ in die Tiefen der Sammlung verschwinden, dort wo auch schon die unzähligen RAISON D’ETRE-Alben auf Nimmerwiederhören versunken sind. Angesichts des Faktums, dass sich „Shaping The Unknown“ trotz der genannten Einschränkungen nicht zu knapp im Revival eines typisch deutschen Ambients von annodazumal übt, angesichts der andauernden, nervigen Ambient-Veröffentlichungsschwämme irgendwelcher Verlierer, eine Frage, die man beantworten muss.
Liebhaber der besten Werke Kosmischer Musik vom Ende der Siebziger Jahre, werden CIRCULAR sicherlich nicht allzu dringend benötigen. Es sei denn, man ist speziell daran interessiert, was die künstlerischen Nachfahren zu Stande bringen, und natürlich wiederholen sich auch musikalische Wiederbelebungen nicht 1:1. Somit kann auch die Entdeckung von Unterschieden interessant sein.
Von diesen Langzeit-Überlegungen befreit, wird man Ende 2007 CIRCULAR sicher zu den allerbesten Ambient-Debütanten zählen können, insofern bleibt zu vermuten, daß man „Shaping The Unknown“ auch in Zukunft nicht im CD-Schrank wird vermodern lassen.

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